Ich hatte schon länger mit dem Gedanken gespielt, dass ich, wenn ich schon mal in Chile bin, den Abstecher auf die Osterinsel nicht vergessen darf. Nachdem ich ein österreichisches Pärchen kennen gelernt habe, die mir von ihren Erlebnissen erzählt haben und ich mich noch etwas mehr belesen hatte, war die Entscheidung klar. Ich fliege auf die Osterinsel!
Von Calama ging mein Weg über Santiago de Chile, wo ich einen Tag für Wäsche waschen und einkaufen verbrachte, bevor es dann mit Latam auf die entlegenste Insel der Welt ging.



Die Osterinsel oder Rapa Nui wie sie die Einheimischen nennen, liegt mitten im Pazifik knapp fünf Flugstunden oder 3800km vor der chilenischen Küste. Die Insel ist 20x12km groß und hat rund 5000 Einwohner. Sie wurde von dem Holländer Jacob Roggeveen als ersten Europäer am Ostersonntag 1722 entdeckt. Allerdings war sie zu diesem Zeitpunkt bereits seit knapp 250 Jahren besiedelt. Die Ureinwohner, auch Rapa Nui genannt, stammen vermutlich aus Polynesien und sind im 15 Jahrhundert mit kleinen Kanus die knapp 4000km dorthin gepaddelt und haben die Inseln besiedelt. Verrückt oder? Mir ist es ein großes Rätsel, wie das geklappt haben soll, aber irgendwie haben sie es doch geschafft. Als Roggeveen die Insel entdeckte, lebten rund 15000 Menschen hier in Clans organisiert und teilten die Insel unter sich auf. Der Entdecker fand viele Steinkopfstatuen auf der ganzen Insel verteilt, sogenannte Moai 🗿. Diese wurden auf Ahu’s aufgestellt, eine Art Altar um die Ahnen zu verehren die die Moai repräsentierten. Als 50 Jahre später James Cook zu der Insel kam, fand er die meisten Statuen umgeworfen. Es schien, als ob es zwischen den Clans Krieg gegeben hatte und der zu dieser Verwüstung führte.

Archäologen fanden später heraus, dass es wohl zu einer Überbevölkerung kam. Unter deren Folge waren die Ressourcen der Insel beinahe ausgeschöpft und es kam zu Streitereien zwischen den Clans. Das ist ein klassisches Beispiel dafür, dass eine Ausbeutung der natürlichen Ressourcen zur Auslöschung fast einer ganzen Kultur führen kann. 1888 annektierte Chile die Insel in verpachtete das Eiland an eine britische Wollhandelsfirma. Diese verbannte die noch wenigen verbliebenen Einwohner nach Hanga Roa und verbot ihnen, den Rest der Insel zu betreten. Peruanische Sklavenhändler verschleppten zudem tausende Rapa Nui, um diese zur Zwangsarbeit zu zwingen. Als diese zurückkehrten, brachten sie Krankheiten mit, die die Bevölkerung auf 118 Mann dezimierte.
Seitdem kämpfen die Einwohner damit, die gleiche Rechte wie die Chilenen zu bekommen. Dieses Jahr werden erstmalig große Teile der Insel inklusive dem Nationalpark von der chilenischen Regierung zurück an die Rapa Nui übertragen.
Meine Zeit hier auf der Insel kam ich im Mihinoa Campingplatz unter und mietete mir ein Zelt. Tagsüber ist es 22-24 Grad warm und abends wird’s nicht kälter als 18 Grad. Die Wassertemperatur ist zur Zeit 22 Grad warm, steigt aber im Sommer bis 27 Grad an. Also perfektes Klima, obwohl es immer etwas windig ist. Es fühlt sich hier, wie eine Mischung aus Hawaii und Irland an.
Die Insel selbst hat kaum noch Wälder und ist geprägt durch größtenteils karge Landschaften mit grünen Wiesen und überall Lavasteinen. Das ist auch irgendwie logisch, denn sie ist vulkanischem Ursprungs. Es gibt mehrere große Krater die bis zu 500m übers Meer gewachsen sind, jedoch nicht mehr aktiv sind. Das Meer ist klar und fällt recht schnell auf über 3000m Tiefe ab.



Am Tag meiner Ankunft machte ich einen kleinen Spaziergang durch den einzigen Ort der Insel. Ein niedliches Städtchen mit einer Einkaufsstraße, kleinem Hafen, Restaurants, Souvenirläden, Tourigeschäften und einer Autovermietung. Man lebt hier ausschließlich vom Tourismus. Auf dem Weg in den Ort und im Ort selbst traf ich schon auf die beeindruckenden Moai und den Ahu Tahai. Hier steht der einzige Moai, dessen Augen noch existieren. Einfach beeindruckend, wie die Menschen vor 500 Jahren mit einfachsten Mitteln und keinerlei Technologie so etwas aus dem Lavastein geschlagen, transportiert und aufgebaut haben. Das Museum gab wertvolle Informationen zu Herkunft, Religion, Herstellungstechnik und Geschichte der Rapa Nui und der Insel.




Da es am nächsten Tag leider immer noch stark regnete, entschied ich mich, gemeinsam mit einem Britten und einem Amerikaner einen kleinen Jeep zu mieten und zumindest trocken vom Auto aus die Insel zu erkunden. Ein mieses Gefühl hatte ich schon, als mir der Vermieter sagte, dass alle Mietwagen auf der Insel ohne Versicherung fahren. Aber es scheint ja zu funktionieren, also Unterschrift drunter und los gehts. Unsere Route führte die Südküste entlang. Immer wieder entdeckten wir Ahu’s und Moai, wobei die meisten allerdings umgefallen waren. Wir stoppten und schauten uns im strömenden Regen alles an. Nach zwei Stunden erreichten wir den Ahu Tongariki. Dieser ist mit seinen 15 Moai der wohl bekannteste Ahu und prägt das von der Osterinsel so typische Bild. In den Regenschwaden und den Wolken gab sich der Ahu in besonders mystischem Licht. Unsere Tour führte von da aus weiter nach Norden, wo wir an Pyroglyphen vorbei zur Anakenabucht fuhren.







Hier befindet sich der einzige Strand der Insel. Dank der Bestrebungen in den 1970ern und des damals gepflanzten Palmenhains kommt sogar ein wenig polynesisches Feeling auf. Majestätisch den Strand überwachend steht der Ahu Nau Nau, der besonders detailreiche Moai beherbergt. Diese waren im Sand verschollen und sind daher keinem Wetter ausgesetzt gewesen und damit noch sehr gut erhalten.



Fast alle Moai blicken ins Inselinnere und überblickten die Dörfer, die sich meist hinter den Ahu’s befanden. Sie sollten stets an die Vorfahren erinnern. Ausnahme bildet der Ahu Akivi. Er ist der einzige Ahu, dessen Moai aufs Meer schauen. Diesen besuchten wir auf dem Weg zurück nach Hanga Roa. Der erste Tag gab uns einen guten Einblick über die Insel und die Vielzahl an Ahu und Moai.
Am Abend ging ich mit Chris dem Kalifornier noch Fotos machen. Er ist professioneller Fotograf und ich lernte, wie man Sonnenuntergang und Nachthimmel richtig fotografiert, natürlich mit Moai im Vordergrund. Leider habe ich die Bilder auf meiner Kamera und ich habe zur Zeit keinen Rechner, um den einen oder anderen Shot mit in den Blog aufzunehmen. Aber ich werde den Artikel aktualisieren – sobald ich einen Laptop zur Verfügung habe.



Der nächste Morgen begann früh, denn wir wollten unseren Mietwagen voll ausnutzen und zum Sonnenaufgang zum Ahu Tongariki fahren. Was für ein magischer Moment, wenn die Sonne über den 15 Moai aufgeht.


Wir frühstückten noch auf dem Gelände und fuhren dann zur Geburtstätte der Moai dem Rano Raraku Steinbruch am Fuße des gleichnamigen Vulkans. Hier gibt es noch über 100 teilweise halbfertige oder noch im Stein befindliche Statuen. Es macht den Eindruck, als hätte man alles Hals über Kopf verlassen. Hier befindet sich auch den mit 21m größten Moai. Dieser befindet sich aber noch im Vulkangestein. Beeindruckend war auch, im Vulkankrater zu wandern. Auch hier sind an den Rändern noch viele weitere Moai und einen ganz tollen Kratersee.





Unseren Mietwagen gaben wir genau 23:59 Minuten nach dem Abholen wieder ab. German efficiency würd ich mal sagen 😝! Am Nachmittag war nach der sehr kurzen Nacht Ausruhen und Mittagsschlaf angesagt.
Am nächsten Tag ging es mit dem Fahrrad los. Die Nordküste wollte erkundet werden und obwohl der Parkwächter uns abriet, die Strecke mit dem Fahrrad zu fahren, ließen wir uns davon nicht abbringen. Ich hatte ja meine Erfahrung mit Guiden von Radtouren auf unbekanntem Gebiet gemacht und so war ich ganz zuversichtlich, dass wir das schaffen.





Auf unserer Tour entdeckten wir Lavatunnelhöhlen, die direkt in den Klippen endeten, Knochen in anderen Höhlen, Ahu’s, ganz viele Moai, Reste von alten Rapa Nui – Dörfern, Pferde in freier Natur, so unheimlich beeindruckende, unberührte Natur und natürlich die eine oder andere Strecke, wo wir nicht fahren konnten und die Fahrräder schieben oder trugen 🙈. Insgesamt brauchten wir rund 5,5 Stunden für 22km bis zum Anakena Strand. Da Sonntag war, war die ganze Insel am Strand und die Einheimischen empfingen uns mit frisch gefangenen Fisch die sie über drei Holzscheite gebraten hatten. Einfach köstlich für die ausgehungerten Mountainbiker. #rapanuistyle









Ein kühles Cerveza am Strand und eine bitter nötige Abkühlung im Wasser machten uns wieder happy. Das Meer ist hier so klar, wie ich es in noch keinem anderen Meer gesehen habe. Man schwimmt weit raus und kann trotz Sandstrand immer bis zum Grund schauen und die Fische 🐠 erkennen. Das hieß für mich nur eins: Morgen geht’s tauchen!

Nach dem 50km Radfahren am Tag davor, hätten mich auch keine 10 Pferde mehr auf einen Sattel gebracht. So war meine Entscheidung, tauchen zu gehen genau richtig. Es ging mit dem Orca dive center zum Make Make Tauchplatz. Hier gab es Sichtweiten von über 60m. Unglaublich, wie klar und durchsichtig das Wasser ist. Der Grund dafür ist das Fehlen von Plankton im Wasser. Die Insel ist so weit Weg vom Festland, sodass kaum organisches Material vorhanden ist, das von den Flüsse ins Meer gespült wird. Wenn kein Plankton da ist, gibts auch keine kleinen Fische und wenn es die nicht gibt, gibts auch keine Großen. Somit war die Anzahl der Tiere unter Wasser beschränkt. Jedoch traf ich auf fünf Lobster in einer nie zuvor gesehenen Größe. 1,3m lang und schätzungsweise fünf Kilogramm schwer, hockten die Kollegen in einer Höhle auf 22m Tiefe und wunderten sich über den unangemeldeten Besuch der blubbernden Lebewesen vor ihnen.
Nachmittags ging es dann zur Kultstätte Orongo. Hier wurde früher der Vogelmannkult betrieben. Die Rapa Nui wählten nicht ihr Oberhaupt sondern ermittelten den König der Könige in einem Wettbewerb. Wer es als erstes schaffte, ein Seeschwalbenei von einem Felsen unterhalb des Vulkans Rano Kau im Wasser – den sogenannten Motos – zu holen und sicher auf das 300m über dem Wasser, auf dem Kraterrand liegende Orongo zu bringen, wurde Chef. Wäre vielleicht eine Alternative zu Jamaika und Neuwahl. 😂



Am nächsten Tag ging es genau zu diesen Motos. Ich konnte mir doch nicht den besten Tauchspot der Insel entgehen lassen. Sichtweiten von 70m, 50m senkrecht abfallende Steilhänge, Überhänge und Geröllhalden unter Wasser ergaben eine der krassesten Unterwasserlandschaften, die ich je gesehen habe. Einfach nur wow! Jeden Abend gab es dann noch Sunset + Vino. Eine sehr gelungene Kombination.



Am letzten Tag nahm ich mir noch die Wanderung auf den höchsten Pubkt der Insel dem 510m hohen Vulkan Mauna Terevaka vor. Alleine zog ich los und wurde zwischendrin von einer älteren Dame ein paar Kilometer mitgenommen. Trampen funktioniert hier echt gut. Dann von Ahu Akivi noch 5 km bergauf und dann bloß nicht vom starken Wind wegwehen lassen! Die Aussicht ist toll und es herrscht eine so friedliche Stimmung. Ich musste direkt erstmal ein kleinen Mittagsschlaf im Gras machen, bevor es dann wieder zurück ging. Auf dem Rückweg hat mich dann noch eine Rapa Nui auf dem Moped mitgenommen, natürlich ohne Helm 🙈. Hier ist die Welt noch in Ordnung.






Leider ist so eine Woche schnell rum und nun geht es wieder zurück nach Santiago. Hier treffe ich auf Tobi aus Berlin. Gemeinsam wollen wir ein paar Tage verbringen und dann später in Patagonien wandern gehen. Deswegen freut euch auf den nächsten Artikel, den es in ein paar Tagen geben wird.